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Rückblick Paranoia

Seit Stunden sitze ich nun hier auf meinem Balkon meiner Wohnung und starre von der sechsten Etage auf den Erdboden hinab. Fünf oder sechs
Stunden verharre ich nun schon in dieser Position, auf dem Stuhl sitzend, eine Zigarette nach der anderen rauchend und unentwegt alles was sich da unten vor meinem Haus, auf der angrenzenden Straße und dem dahinterliegendem Gelände so abspielt, beobachtend.

Inzwischen hat sich der Tag schon dem Ende geneigt, es ist dunkel und eigentlich ziemlich frisch, was ich durch den permanenten Crystalspeedgenuß der letzten zwei Tage allerdings nicht im geringsten realisiere. Jeder der um diese Uhrzeit sechs Etagen unter mir auf dem Gehweg an meinem Balkon vorbeiläuft gerät automatisch in den Verdacht ein Zivilbeamter zu sein, der einzig und allein aus Observationsgründen hier herumschleicht und versucht mich auszuspionieren.

Es kommt mir zu diesem Zeitpunkt auch weiß Gott kein anderer trifftiger Grund in den Sinn, welcher den Weg dieser von mir kritisch, ja sogar ängstlich beäugten Personen zu dieser Tageszeit rechtfertigt. Für mich stellt jeder dieser Leute eine potentielle Gefahr dar und darf nicht aus den Augen gelassen, wenn der Betreffende dann eventuell auch noch ein Handy zückt werden meine krankhaften Wahnvorstellungen greifbar nahe, denn für mich ist dies eindeutig ein Funkgerät um Informationen weiterzugeben. Naja, sollen sie nur kommen, heute werdet sie keinen Fahndungserfolg haben, denn ich bin schon seit dem ersten Verdacht von vor ein paar Stunden dabei, meine gesamten Vorrat an Crystalspeed, zu vernichten indem ich es mir oder beziehungsweise wir es uns in die Nase schaufeln.

Es sind nämlich auch noch eine Freundin und ein Kumpel zu Besuch, welche ich fast vergessen hätte, wenn jene zwei sich nicht ab und an bemerkbar machen würden, indem sie mich auf dem Balkon besuchen und mit allen Mitteln versuchen mich nach innen zu holen.
Sie wollen mich von meinem angeblichem Film runterholen, weil sie laut ihrer Argumente meine Theorien absolut nicht teilen und mir Verfolgungswahn unterstellen. So ein Blödsinn, die haben sich ganz wahrscheinlich, aufgrund meiner Spendierlaune am heutigen Abend, die Birne dermaßen zugerotzt, daß sie die Augen vor den Tatsachen verschließen.

So muß es sein…, ich bin doch nicht irre…, ich weiß was ich sehe, ganz bestimmt!? Hier, hab ich´s nicht gesagt, grad eben ist schon wieder ein vollbesetzter Opel Vectra vorbeigetuckert, mit einem absichtlich mehr als geringem Tempo, damit jeder in der Karre noch ein paar Blicke auf meine Bude erhaschen kann. Selbst der Fahrer hat geklotzt, nicht auf die Straße sondern zu mir und ich hab einfach provokant zurückgeklotzt, um ihnen meine Wachsamkeit und Präsenz zu demonstrieren.

Als der Wagen vorne an der Kreuzung nach rechts abbiegt und somit aus meinem Blickfeld verschwindet, renne ich vom Balkon aus durch meine Wohnung an den ungläubigen und fragenden Blicken der anderen zwei vorbei, reiße meine Wohnungstüre auf, stürme hinaus ins Treppenhaus um mich dort am Fenster zu positionieren und um Gewissheit zu haben ob sie jetzt kommen oder nicht.

Sie kommen nicht…

Als ich meine Wohnung wieder betrete, sitzen meine beiden Gäste auf dem Sofa und schauen mich fragend an. Wie ich dann auch noch erfahren mußte, daß keiner der beiden, während meiner Abwesenheit von etwa ein bis zwei Minuten, meine Stellung auf dem Balkon übernommen hatte, platzt mir der Kragen. Ich beschuldige beide der absoluten Verantwortungslosigkeit und erhalte als Quittung für meine verbale Ohrfeige nur die Verabschiedung beider betroffener Personen.

Kurz darauf verlassen sie meine Wohnung und ich bin alleine. Alleine mit meiner Angst und mit einem kleinen Rest Cystalspeed, welchen
ich mir dann auch noch vollends reinziehe und den Kick davon auch den Rest der Nacht noch, auf der Lauer liegend auf meinem Balkon auslebe…